Wir haben nichts davon
Von der Überflüssigkeit mancher Sätze. Eine Sprachspielerei
von Barbara Merziger, Fotos: Pixabay.com; Patrick Fore/Unsplash.com
Das hast du nun davon! In dieser Variante, 2. Person Singular und mit hörbarem Ausrufezeichen, ist mir das Thema dieses Heftes höchst vertraut. Aus Kindertagen, aber auch, weil mir der Satz manchmal auf der Zunge liegt, und ja, sie auch hie und da verlässt und aus dem Mund rutscht. Das hast du nun davon: Jemand, meist ein Kind, macht einen Fehler oder tut etwas, vor dem man sie oder ihn gewarnt hat, und dann geht es (natürlich) schief. In beiden Fällen birgt der Satz weder etwas Positives noch Produktives. Er tröstet nicht, birgt kein Verständnis oder wenigstens Verstehen. Und er bringt den Adressaten kein Stück weiter. Man könnte sagen: Er hat nichts davon. Im Gegenteil: (Selbst-) Zufriedenheit schwingt in ihm mit. Man hat es ja geahnt. Der Sprecher hat Recht behalten. Und: Für die Schadensbegrenzung oder Wiedergutmachung ist einzig derjenige zuständig, der den Mist gebaut hat. Nun schau mal, wie du da wieder rauskommst …
Was haben wir nun von diesen Gedanken?
Das ist keine persönliche Lesart, oder besser: Hörart. Gibt man „Das hast du nun davon“ bei Google ein, servieren Synonym-Portale und Übersetzungsmaschinen durchweg diese Assoziation. „Daran bist du selbst schuld“. „Das kommt davon.“ „Das hast du dir so gedacht.“ So lauten die verwandten Sätze. Bis hin zu: „Was nun?“ Diese Ratlosigkeit zeigt hübsch auf, wie überflüssig der Ausruf ist.
Interessanterweise dominierte bei der Besprechung dieses Heftes aber die positive Konnotation. Fast alle Beiträge fragen nach dem Wert einer Handlung oder Denkweise für eine Person, eine Gruppe von Personen oder für die Gesellschaft. Und richtig: „Etwas von etwas haben“ bedeutet ja zuallererst einmal, dass man etwas bekommt. Etwas als Folge einer Tat oder Unterlassung oder auch als Konsequenz einer Herangehens- oder Denkweise kurzfristig oder auch dauerhaft hat. Woher kommt also der negative Klang, den offenbar nicht nur ich höre?
Es muss das „jetzt“ oder auch „nun“ sein, das sich in den Kindheitssatz eingeschlichen hat und sich dort hartnäckig festhält. „Jetzt“ und „nun“ transportieren, zumal in Verbindung mit dem Ausrufezeichen, genau das gegenteilige Gefühl von Errungenschaft. Und natürlich das „Du“. Es lässt, siehe oben, denjenigen mit den Folgen ein. Selbst das verwandte „Da haben wir den Salat“ klingt nicht so endgültig und resignativ. Hinter ihm könnte ein „Packen wir es also an“ folgen, nach kurzem Haareraufen oder einem tiefen Seufzer.
Was haben wir nun von diesen Gedanken? Wie immer, wenn es um Sprache geht: Einsicht. Vorsicht. Im Umgang mit dem Satz „Das hast du nun davon“. Er ist überflüssig. In den Gedanken wird er trotz Einsicht wohl immer wieder auftauchen. Sagen werde ich ihn nicht mehr. Keiner hat was davon.